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Chris Nonnast als Lily Sabina; Foto: Christine Olma

Weltuntergang um 24 Stunden verschoben

Angesichts der prek�ren Lage wurde beschlossen, den Weltuntergang um 24 Stunden zu verschieben! Vergangenen Freitag hatte im Ingolst�dter Theater Thornton Wilders �Wir sind noch einmal davongekommen� Premiere. In der Inszenierung von Schirin Khodadadian ein �u�erst interessanter und anspruchsvoller Theaterabend. Kein Klamauk, aber nicht �berh�ht mit dem Zeigefinger. Zum Lachen und Nachdenken � sofern man sich als Zuschauer darauf einl�sst. Und das muss man.


Denn Wilders erz�hlt nicht nur die Geschichte der Familie Mensch und damit stellvertretend f�r die Menschheit. Er zeigt brutalst, wie der Mensch nicht aus Fehlern und Katastrophen lernt. Der Weltuntergang wird verschoben, bis zur n�chsten Katastrophe. Dabei erfindet Mr. Antrobos (Sascha R�misch in gewohnter Klasse) das Einmaleins, das Alphabet, das Rad. Die Charaktere sehen das goldene Zeitalter anbrechen, das dann doch nicht kommt.

In einem raffiniert ausgestatteten B�hnenbild von Carolin Mittler ger�t die Welt aus den Fugen. Und nicht nur das. Pl�tzlich, unerwartet, steigen die Schauspieler aus ihren Rollen aus, treten einen Schritt zur Seite und kommentieren das Geschehen. Das Dienstm�dchen Lily Sabina (von Chris Nonnast k�hl dienend, immer am Randes des Zusammenbruches, packend gespielt) wird zum Kommentator, erkl�rt die Handlung.

Die Kinder der Antrobos, Antihelden, das beste Beispiel von Erziehungsunf�llen werden von Bettina Schmidt und Reinhard Maier beeindruckent dargestellt, Sympathie l�sst sich nicht aufbauen. Darf der Zuschauer die Kinder hassen?

�Wir sind noch einmal davongekommen� z�hlt zu den meistgespielten St�cken des 20. Jahrhunderts, erlebte bereits kurz nach seiner Urauff�hrung 1948 auf dem Broadway einen unglaublichen Erfolg in den USA. Und das trotz provokanter Aussagen �ber den Krieg, trotz Scheidung von Mr. und Mrs. Antrobos im zweiten Akt. Leider taucht das St�ck auf heutigen Spielpl�nen selten auf.

Nach zwei kurzweiligen Stunden erstklassigem und vor allem nicht provinziellen Theaters (Ingolstadt macht sich, nicht zulezt auch durch seinen Faust!), in denen zentrale Elemente durch einf�hlsame, treibende oder mahnend peitschende Klaviermusik unterlegt werden, steht Familie Mensch wieder an einem Neuanfang. Nach dem Krieg stellt sie fest, es war doch besser im Krieg, Mr. Antrobos denkt ans Aufh�ren, will nicht noch mal anfangen, aber diese Option ist nicht vorgesehen. Nicht auf der B�hne, nicht im Leben. Kann der Mensch �berhaupt den Weltuntergang verschieben? Wann lernt die Menschheit aus ihren Fehlern, wann darf sie aufh�ren?

Thornton Wilder: "Wir sind noch einmal davongekommen" - Inhalt

Die Familie Antrobus lernen wir in drei Stationen kennen: in der Eiszeit, vor der Sintflut und nach dem letzten gro�en Krieg, wenn sie aus den Kellern des Krieges kriechen. Die Familie lebt am Anfang in einem gem�tlichen Heim in New Jersey, h�lt sich Dinosaurier und Mammut als Haustiere. Der Vater hat sich aus dem nichts emporgearbeitet, das Rad erfunden, Alphabet und Dezimalsystem auch und das Bierbrauen. Mutter begn�gte sich mit der Erfindung der Sch�rze und h�tet das Feuer. Sohn Henry erschlug seinen Bruder und tr�gt deshalb das �Kainsmal� auf der Stirn und Tochter Gladys �berlegt noch, wem sie nacheifern soll. Und dann ist da noch das Dienstm�dchen Lily Sabina, die auch noch Adams Geliebte ist. Als im 1.Akt das Eis immer n�her r�ckt, m�chte der Vater schon aufgeben, das Feuer l�schen, aber die Tochter verf�hrt ihn zum Leben und so l�sst er sie Einmaleins und Bibel lernen, weil die Menschheit es noch brauchen kann. Im zweiten Akt ist Mister Antrobus zum Pr�sidenten des Ordens der S�ugetiere gew�hlt worden und gibt die Losung aus: �Am�siert euch�. Er geht voran und w�hlt das Dienstm�dchen zur Sch�nheitsk�nigin, will sich scheiden lassen. Doch seine Frau kauft Regenm�ntel, bringt die Familie samt Dienstm�dchen in die Arche und rettet sie. Im 3. Akt bekommt die Tochter von irgend jemand ein Kind, der Sohn kehrt als feindlicher General zur�ck und doch fasst der Vater Mut, ermutigt durch die �berlieferten Ideen und f�ngt wieder von vorn an, mit neuen Ideen neuen Katastrophen entgegen. Der kleine Mann des Alltags - der den Gang der Weltgeschichte �ber sich ergehen l�sst - gut oder b�se, erfindungsreich oder zerst�rerisch, liebend oder hassend. (Quelle: Theater Ingolstadt)

Copyright Fotos: Christine Olma



Theater Ingolstadt

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- Home - Autor: Matthias Schlecker - 2004/05/12
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